Übernahme mit freundlicher Genehmigung durch den KölnerStadt-Anzeiger – Ausgabe vom Mittwoch,12.April2023
Kloster Steinfeld feiert 900-jähriges Bestehen – Wenige Quellen zum Vorgängerbau
von Wolfgang Kirfel
Kall-Steinfeld. Schon seit mehr als 1000 Jahren ist Steinfeld ein geistliches und kulturelles Zen- trum der Eifel. Wann dort genau das erste Gotteshaus auf der Eifelhöhe errichtet wurde, liegt im Dunkeln. In einer Quelle aus dem Jahr 1121 ist nachzulesen, dass Erzbischof Friedrich I. von Köln vom Grafen Theoderich von Are das halb verfallene Klos- ter erworben hat. „Das ist die erste urkundliche Erwähnung des Klosters, die man wissenschaftlich verwenden kann“, erklärt Helmut J. Kirfel, der in Steinfeld wohnt und die Historie der Anla- ge wohl wie kein Zweiter kennt.
Wer nun genau nachrechnet, dem fällt auf, dass vor zwei Jahren die 900-Jahr-Feier angestanden hätte, aber Corona machte einen Strich durch die Rechnung. Deshalb wird die Feier in diesem Jahr nachgeholt. „Jetzt feiern wir einfach 900 plus 2 Jahre Kloster Steinfeld“, sagt Kirfel.Die wechselvolle Geschichte derAnlage mit ihren unterschiedli- chen Nutzungen, außergewöhnliche Ereignisse, die Schicksale einiger ihrer Bewohner und das Leben des in der Basilika beigesetzten heiligen Hermann-Josef werden in dieser Zeitung in loser Folge vorgestellt.
Die Klosteranlage in Steinfeld ist über die Jahrhunderte hinweg immer größer geworden.
„Wir wissen, dass es vor dem heutigen Kloster einen Vorgängerbau gegeben hat, aber darüber gibt es leider keine urkundlichen Quellen“, erzählt Kirfel. In der Urkunde von 1121 sei nämlich erwähnt, dass Theode- richs Vorfahren das Kloster Steinfeld im Eifelgau erbaut hatten und dass es durch die „Nachlässigkeit derer, die seine Leiter zu sein schienen, fast vollständig vernichtet“ worden sei. „Aber wann es gegründet worden war oder welchen Regeln man folgte, wissen wir nicht“, sagt der Steinfeld-Kenner.
Trotzdem gebe es eine Reihe von Inschriften, die sich auf ein Reimgedicht beziehen und die die Gründung auf 920 datieren. Um das Jahr sollen auch die Ge- beine des Potentinus, nach dem die Pfarrgemeinde benannt ist, und seiner Söhne in das Kloster gekommen sein. „Die erzählen- den Texte können aber nicht als verlässliche Quellen herangezo- gen werden. Viele der Informa- tionen sind leicht widerlegbar, andere in sich widersprüchlich“, moniert Kirfel. Zu diesen proble- matischen Zeugnissen gehört auch die Chronik eines Steinfel- der Abts aus dem Jahr 1469. Auch sie enthält nach Angaben von Kirfel zahlreiche Widersprüche.
Der Chor mit der halbrunden Apsis ist noch von der romanischen Kirche erhalten.
Glaubwürdiger könnte da eine Überlieferung aus dem Skriptorium des Klosters Steinfeld sein, die aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammt und damit deutlich älter ist als die Abtchronik. „Nach meiner Deutung der Quelle könnte die erste Steinfelder Kirche, die nicht notwendigerweise auch ein Kloster war, in der Regierungszeit Heinrichs I. zwischen 919 und 936 erbaut worden sein“, führt Kirfel aus. Geweiht worden sei sie vom Kölner Erzbischof Wichfried vermutlich zwischen 951 und 953. „Mehr können wir aufgrund des aktuellen Kenntnisstands aber nicht sagen“, betont der Fachmann. Nach der Übernahme der maroden Klosteranlage 1121 sorgt der Erzbischof Friedrich I. für den allmählichen Aufstieg des Klosters. Er befreit die neue Gemeinschaft, die wohl aus Regularkanonikern aus Springiersbach (Kreis Wittlich) bestand, von allen sonst üblichen Abgaben an die kirchlichen Obrigkeiten, garantiert die freie Wahl des Klostervorstehers und gliedert mit Ripsdorf und Berndorf zwei weitere Pfarreien dem neuen Kloster ein. Die Andreaskapelle im Klosterhof, die 1804 abgerissen wurde, erhält die Rechte einer Pfarrkirche für die umliegenden Bewohner.
In der Folge bekommt das Kloster Wälder, Felder, Wiesen und Mühlen aus den Liegen- schaften des Grafen von Are und des Herzogs von Limburg über- tragen. Dazu gehören auch die Urfter und die Hallenthaler Mühle in direkter Umgebung.
1142 wurde dann der Grund- stein für die neue Klosterkirche gelegt. Der Stein ist in der Vie- rung erhalten. Bei dem Gottes-haus handelt es sich um eine romanische Pfeilerbasilika mit drei Kirchenschiffen, einem Querhaus und einem Kreuzgratgewölbe. „Kein Mensch weiß ge- nau, wie lange man an der Kirche gebaut hat. Die Arbeiten wurden aber wohl in einem Rutsch ohne große Pausen durchgeführt.“ Aus der Erbauungszeit sind heute noch die Basilika, der Chor mit der halbrunden Apsis und die Ur- sulakapelle erhalten. Die Kapelle wird 1170 mit den ersten Wandmalereien ausgestattet. Ab 1184 werden die Oberen des Stifts nicht mehr Propst, son- dern Abt genannt. „Eine Ände- rung der Funktion oder des Ran- ges war mit dem neuen Namen aber nicht verbunden“, sagt der Historiker. Das Kloster entwickelte sich mehr und mehr zu einem bedeutenden kirchlichen Zentrum im Deutschen Reich und hatte zahlreiche Tochterniederlassungen in Europa.
Der Grundstein für die neue Klosterkirche wurde 1142 gelegt und ist heute noch in der Basilika zu sehen.
Neben dem Gründungsdatum des Klosters gibt es noch weitere ungeklärte Fragen. So ist nicht bekannt, wann sich Steinfeld dem Orden der Prämonstraten- ser angeschlossen hat. „Das erste Prämonstratenserkloster wurde erst Ende 1121 in Nordfrankreich gegründet. In Steinfeld können also zu Beginn keine Prämonstratenser gewesen sein“, argumentiert Kirfel. Nach seinen Recherchen kann das erst ab 1136 der Fall gewesen sein. Damals habe der Papst den Steinfeldern in einer Urkunde erlaubt, einen eigenen Klosterverband zu gründen. „Das hätte er nicht getan, wenn sie damals schon Prämonstratenser gewesen wären.“ Bei Gründungen von Tochterklöstern in Böhmen im Auftrag des Ordens 1142 sind schon Prämonstratenser aus Steinfeld dabei. „In der Zeit davor haben die Chorherren aber auch schon nach den gemeinsamen Regeln der Augustiner gelebt“, weiß Kirfel.
Die folgenden Jahrhunderte sind geprägt vom Aufstieg und dem Niedergang des Klosters. Es kommt zu Überfällen, Geisel- nahmen, Mord und Totschlag und zu Hexenprozessen.
Text und Bild: Wolfgang Kirfel – Kölner Stadtanzeiger